Donnerstag | 2. Mai
20:00 Uhr | St. Martinskirche
An der Martinskirche 15 | 30449 Hannover
Withdrawn Horizons 2
Darmian Marhulets
Sophia Körber
Roman Rofalski
Darmian Marhulets
Sophia Körber
Roman Rofalski
Traditionelle musikalische Partituren sind ein Beispiel für den radikalen Widerstand gegenüber dem technologischen Fortschritt der letzten hundert Jahre. Die Kluft zwischen dem traditionellen Notenbild und den darin abgebildeten Klangparametern einerseits und modernen musikalischen Praktiken andererseits kann kaum überschätzt werden. Das Kommunikationsmodell, das der traditionellen Partitur zugrunde liegt, erscheint heute als veraltet. Aufgrund seiner begrenzten Bandbreite sowie der Einseitigkeit des Signalflusses (vom Komponisten über die Partitur zum Interpret und dann zum Publikum) schließt es alle modernen Kommunikationsformen aus, die oft auf digitalen, nicht-linearen Prozessen und komplexen Feedbackschleifen basieren.
Genau dieses Problem wollen wir bei unseren beiden Konzertabenden aufgreifen und gleichzeitig zwei neuartige Formen der musikalischen Notation untersuchen: Zum einen eine digitale Partitur, die durch Interaktivität und Nichtlinearität gekennzeichnet ist und mithilfe von Game-Engines erstellt wird. Zum anderen eine immersive und virtuelle Partitur, die die VR-Technologie nutzt und Musiker*innen in virtuelle Umgebungen versetzt, die sowohl als immersive Partituren als auch als virtuelle Bühnen verstanden werden können.
In beiden Fällen möchten wir dem traditionellen Notationsbild einen Notationsraum gegenüberstellen. Dabei soll die Gamifizierung der Interpretationsprozesse eine wichtige Rolle spielen: Anstelle linearer Pfade der traditionellen Partitur möchten wir musikalische Notation als dreidimensionale Diagramme möglicher Interaktionen vorschlagen.
Damian Marhulets studierte Oboe und Komposition an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover sowie elektronische Musik und Komposition an der Musikhochschule Köln. Im Rahmen zahlreicher Künstler-Residenzprogramme arbeitete er u.a. im Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, am ACROE-Institut in Grenoble, an der IONIAN University auf Corfu und am STEIM Institut in Amsterdam. Damian war Stipendiat des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur und des Künstlerhofs Schreyahn.
Seine Werke wurden u.a. auf folgenden Bühnen aufgeführt: Berliner Philharmonie, BOZAR – Centre for Fine Arts Brussels, Musik Triennale Köln, Beethovenfest Bonn, Essener Philharmonie, Digital Arts Festival in Copenhagen, Musik21 Festival in Hannover, Berghain in Berlin, Elbphilharmonie in Hamburg u.a.
Neben seiner kompositorischen Arbeit widmet er sich der Etablierung von neuen Formen des Austausches zwischen Kunst, Musik und moderner Philosophie. Unter anderem kuratiert er die Veranstaltungsreihe „Brilliant Darkness – Philosophy and Art at the Edge of the Human” und hält musikphilosophische Vorträge in der Reihe „Schule des Neuen Hörens“. Derzeit arbeitet er verstärkt an adaptiven und interaktiven Musikformaten und kombiniert Musiksoftware mit modernen Spiele-Engines sowie integriert VR in seine kreative Praxis.
Sophia Körber, Sopran ist als vielseitige Opern-, Konzert- und Oratoriensängerin international tätig und hat sich als Solistin in den Bereichen Neues Musiktheater und Barockmusik etabliert. 2020 lobten die Vorarlberger Nachrichten ihre „Zaubertöne“ als Servilia in Mozarts La clemenza di Tito am Landestheater Bregenz. 2022 übernahm sie die Solosopran-Partie in SIRIUS von Stockhausen in Kürten, konzertierte als Solistin bei der Kronberg Academy, beim VoxLAB VårFEST (Norwegen) und mit dem Klangforum Wien in der Concerthall Tongyeong (Südkorea). Ihre Performance als Sopranistin in Ligetis „Aventures“ in der Alten Oper Frankfurt 2023 wurde von der Frankfurter Rundschau als „brilliant und höchst gewitzt“ aufgenommen. Im selben Jahr war sie als Gerda in Die Schneekönigin an der Deutschen Oper Berlin und am Theater Luzern zu erleben und debütierte als sehr hoher Sopran in Rihms Die Eroberung von Mexiko am Staatstheater Mainz.
Sie ist Preisträgerin des Bundeswettbewerbs Gesang Berlin und Gewinnerin des Internationalen Wettbewerbs Giovani Musicisti Treviso in der Kategorie Zeitgenössische Musik. Im Konzert- und Oratorienfach sowie im Bereich der Neuen Musik sang sie unter der Leitung von DirigentInnen wie François-Xavier Roth, Erich Polz, Alain Altinoglu, Philipp Ahmann, Axel Kober, Jörg Straube, Ute Debus, Howard Arman und Antonius Adamske. Werke von Bach, Mendelssohn Bartholdy, Mozart, Strauss, Händel, Berio, Nono oder Unsuk Chin gehören ebenso zu ihrem Kernrepertoire wie ca. 40 Uraufführungen zeitgenössischer Komponist*innen.
Roman Rofalski studierte klassisches Klavier an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover sowie Jazzklavier an New York University und Queens College, NY. Als Pianist, Komponist und Improvisator steht Roman Rofalski für eine Verschmelzung von Genres, das Ausloten von Schnittmengen zwischen klassischer Musik und Jazz, Komposition und Improvisation.
In unterschiedlichsten Besetzungen veröffentlichte er mehrere Alben, u.a. im Duo mit Simon Hanrath („Tenorama“, Flexaton) und Alex Hofmann (DEGEM). Mit seinem Trio veröffentlichte er mittlerweile zwei Alben als Bandleader. Sein Solo-Klavier Debut erschien 2018 auf Sony Classical (The Kapustin Project) und beinhaltet neben Werken u.a. von Nikolai Kapustin auch eigene Stücke, die präpariertes Klavier nutzen und einen Brücke zu Elektronischer Musik darstellen. Seine letzte EP „Loophole“ erschien 2020 auf Nonclassical Rec und erreicht eine Verschmelzung von akustischem Klavierklang und digitalen Verfremdungsprozessen.
Roman Rofalski ist festes Mitglied des Oh Ton-Ensembles für Gegenwartsmusik und arbeitet eng mit der Stockhausen-Stiftung zusammen, für die er 2019 den Synthesizer-Part in der Produktion Aus LICHT im Rahmen des Hollandfestivals Amsterdam übernahm. Seit 2020 ist er Professor für Schulpraktisches Klavierspiel an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover.