Freitag | 3. Mai

19:30 Uhr | Klecks-Theater
Kestnerstraße 18 | 30159 Hannover

Theater inside Music

Ensemble S

Programm
Biografien
Ticket
Eine Veranstaltung von Ensemble S in Kooperation mit Musik 21 Niedersachsen und Klecks-Theater

Programm

Das Programm bildet sich aus Stücken, die fließend zwischen Musik und Theater wandern auf verschiedene Ebenen. Die Grenze dazwischen wird unklar, ähnlich wie in der Quantenmechanik: Je feiner man versucht sie zu definieren, desto ungenauer wird sie. Bei Johnson sieht man z.B. Musik/Mathematik bildlich, Tenney benutzt bildhaften Text von Tonband, Shim kreiert eine kleine Welt für sich, und Filidei beginnt mit eine „Gesichtschoreographie“. Sechs Stücke zeigen sehr verschiedene Grade von Musik-Theater.

Wolfgang Rihm
»Stück für drei Schlagzeuger « (1988–89)

In Wolfgang Rihms Werk „Stück für drei Schlagzeuger“ schreibt er im Vorwort: „Die Spieler(innen) kauern, hocken oder knien in der Mitte einer leeren Bühne nahe beieinander, wie eine Tiergruppe oder wie vergessene, verwilderte Forscher....“ Man hört und sieht deren Aktionen zusammen, versteht nicht ganz worüber es geht, bis ...

Tom Johnson
»Tilework for Logdrums« (2005)

Tom Johnson schreibt: „Tilework for Log Drums“ ist in sieben Abschnitte gegliedert und zeigt die sieben möglichen Lösungen für das Kacheln einer Linie von 18 Punkten mit sechs Stimmen, wobei jede Stimme drei Noten in einem von fünf Tempi einfügt: 1 : 2 : 3 : 4 : 5. Ich wollte die Musik auf einem Schlagzeug hören, vor allem, weil ich den Klang dieser Instrumente mag, aber auch, weil die Töne des Schlagzeugs die Klangoberfläche „kacheln“, in etwa so wie die rhythmischen Kacheln die 18-taktigen Phrasen in diesem Stück abdecken.“ Jeder Spieler spielt eine Stimme, so dass man theoretisch die verschiedenen Tempi hören und sehen kann.

Guo Wenjing
»Drama« (1995)

for three pairs of Chinese cymbals and voices of the musicians,  Sätze IV und V

Schon das erste Wort im Titel, „Drama“, von Guo Wenjings Percussion-Trio deutet auf Theater hin. Er mischt die vielen reichen und unterschiedlichen Klänge dieser kleinen Becken mit den Stimmen der Spieler. Mal scheinen sie ein religiöses Ritual zu vollziehen, mal schreien sie sich gegenseitig an, aber wer kennt schon den Grund dafür.

Francesco Filidei
»I funerali dell’anarchico Serantini« (2006)

Kunsu Shim
»man lässt Dinge fallen und beobachtet sie – eine Herbstmusik«(1996)

Bei Kunsu Shim ist der Titel realistisch und poetisch zugleich: „Man lässt Dinge fallen und beobachtet sie - eine Herbstmusik“. Wie im Herbst, wenn man geduldig, leise und lange genug unter einem Baum voller bunter Blätter wartet, wird man irgendwann ein Blatt fallen sehen welches vielleicht ein Geräusch erzeugt, das laut genug ist um es zu hören.

James Tenney
»Pika-Don (“flash-boom”)« (1990)

Für sein Stück „Pika-Don“ hat James Tenney eine vierkanalige Aufnahme von Texten gemacht, die von verschiedenen Personen gelesen werden. Im ersten Teil, Alamagordo, lesen die Stimmen auf dem Band Augenzeugenberichte über den „Trinity“-Atombombentest am 16. Juli 1945, von Brigadegeneral Thomas F. Farrell, George B. Kistiakowsky, Ingenieur, William L. Laurence, Reporter, und Isador I. Rabi, Physiker. Im zweiten Teil, Hiroshima, stammen die Texte von jungen Frauen und Kindern, die den Bombenangriff auf Hiroshima am 6. August 1945 miterlebt haben: Shunnen Arishige, Shintaro Fukuhara, Toshiko Ikeda, Yohko Kuwabara, Naoko Masuoka, Hiroko Nakamoto, Iwao Nakamura, Setsuko Sakamoto und Ikuko Wakasa.

Hier einige Auszüge aus dem zweiten Teil - „Immer wenn ich starken Sonnenschein sehe, erinnere ich mich sehr deutlich an den Tag, an dem in einer kurzen Sekunde meine Welt zerstört wurde. Dieser Tag war der 6. August 1945....“ „Unterwegs ertönte ein Alarm, und dann hörte ich das charakteristische Dröhnen des B-29-Motors. Wir drehten alle unsere Augen in die Richtung, aus der das Geräusch kam, und suchten, bis wir das Flugzeug selbst fanden....“ „Mein kleiner Bruder hatte gerade die Hand ausgestreckt, um die rote Libelle an der Wand zu fangen, als in diesem Augenblick ein Blitz aufleuchtete und ich bekam am ganzen Körper einen Schock, als ob ich in einen Ofen geworfen worden wäre.“ „... dichter Rauch von gelber Farbe wie Giftgas. Augenblicklich wurde alles stockdunkel und man konnte keinen Zentimeter weit sehen.“

Biografien

Wolfgang Rihm

Als Komponist und Musikschriftsteller vertritt Wolfgang Rihm eine Ästhetik, die das subjektive Ausdrucksbedürfnis in den Mittelpunkt stellt. Die von James Joyce formulierte Idee eines „work in progress“ hat ihn insofern beeinflusst, als er seine Stücke gern als Provisorien („Versuche“) betrachtet, die – durch Erweiterung, Ergänzung, Tropierung, Vernetzung und Verflechtung des einmal entwickelten Materials – einander fortlaufend korrigieren oder ergänzen können. Rihm benutzt hierfür gern Metaphern aus der bildenden Kunst, er spricht von „Übermalungen“ oder von Bildhauerei: „Ich habe die Vorstellung eines großen Musikblocks, der in mir ist. Jede Komposition ist zugleich ein Teil von ihm, als auch eine in ihn gemeißelte Physiognomie.

Tom Johnson,

Tom Johnson, 1939 in Colorado geboren, wurde von der Yale Universität diplomiert, und studierte später Komposition bei Morton Feldman. Nach 15 Jahren in New York, übersiedelte er nach Paris, wo er seit 1983 wohnt. Er wird als Minimalist betrachtet, weil er meistens mit einfachen Formen, kleinen Tonlagen und mit allgemein begrenzten Material arbeitet, aber er geht logischer als andere Minimalisten vor, oft Formeln, Permutationen, und voraus-sehbare Reihen benutzend. Johnson hat den französisches Preis (Victoires de la musique) gewonnen für das beste neue Stück im Jahr 2001, für Kientzy Loops.

Guo Wenjing

Guo Wenjing wurde am 1956 in Chongqing geboren, einer alten Stadt in Chinas Bergprovinz Sichuan. Im Jahr 1978 wurde er als einer von hundert Studenten aus 17.000 Bewerbern am wiedereröffneten Zentralen Musikkonservatorium in Peking zugelassen. Im Gegensatz zu vielen Kollegen aus dieser gefeierten Klasse (Tan Dun, Chen Yi, Zhou Long) blieb Guo nach seinem Abschluss in China, abgesehen von einem kurzen Aufenthalt in New York (mit einem Stipendium des Asian Cultural Council). Seine Musik wurde im Westen erstmals 1983 bekannt, als Suspended Ancient Coffins on the Cliffs on Sichuan in Berkeley, Kalifornien, uraufgeführt wurde. Das Stück ist eine klare Hommage an Béla Bartók, in dem zwei Soloklaviere mit einer Batterie von Schlaginstrumenten im Mittelpunkt stehen, aber die starke Prägung durch Guos eigene Wurzeln in Sichuan ist im Orchestersatz unverkennbar. Im Ausland wurden seine Werke bei Festivals in Amsterdam, Berlin, Glasgow, Paris, Edinburgh, New York, Aspen, London, Turin, Perth, Huddersfield, Hongkong und Warschau sowie an Spielstätten wie der Frankfurter Oper, dem Berliner Konzerthaus, dem Amsterdamer Concertgebouw und dem New Yorker Lincoln Center aufgeführt.

Francesco Filidei

Francesco Filidei studierte in Florenz Orgel und Komposition. Er machte seinen Abschluss am Pariser Conservatoire National Supérieur, danach folgte ein kurzes Intermezzo am Pariser Forschungszentrum IRCAM. Francesco Filideis Idiom erinnert weder an die zerbrechlichen Klanglandschaften seines Mentors Sciarrino noch an die Eleganz und klangliche Reinheit der französischen Musik. Filideis Suche gilt den Grundbedingungen der Musik: „Warum heißt etwas Musik? Wie entscheidet man, wann ein Ton beginnt?“ Reicht es, so fragt er weiter, wenn sich die Lunge ausdehnt, wenn sich der Finger des Musikers kaum bewegt? „Man kann auch nur aus vorläufigen Bewegungen Musik machen. Dieses ganze Spiel zwischen der Realität und der Darstellung der Realität, dieser Grenzbereich, ist für mich das Interessanteste.“

Kunsu Shim

Kunsu Shim ist Komponist und Performance-Künstler. In seiner Klangsprache verschmelzen Ideen von Gegensätzlichkeiten wie Chaos und Ordnung, Zufall und Kausalität, Schreiten und Verweilen, Fortlaufen und Unterbrechung, Glattes und Raues, Ich und Du (WIR). Shim versteht seine Arbeit als eine Kontemplation der Äußerlichkeit, also ohne Mystik. Seine Performances in der Tradition des Fluxus streben danach, die Sichtbarkeit der Dinge zu zerstören und sie damit unfassbar zu machen. Zu den bedeutenden Kompositionsaufträgen der jüngeren Zeit, die an Kunsu Shim ergingen, zählen AFTER A HUNDRED YEARS für Sopran und Orchester (Auftrag der Essener Philharmonie, 2011), das Orchesterwerk AND HERE AGAIN – eine Perlenlandschaft (Auftrag der Würzburger Philharmoniker und der Kunststiftung NRW, 2014), zum Jubiläumsjahr Beethoven 2020 komponierte er das Orchesterwerk VON HIER FORT? – Ein Intermezzo zu Beethovens Sinfonie Nr. 7 und im September 2022 kam für das Projekt Musik der (Un)Ruhe/Music of (Dis)Quiet, das auch als DVD produziert wurde, das Ensemblestück KLEINES, FERNES als Auftragswerk der Kunststiftung NRW zur Uraufführung.

James Tenney

James Tenney wuchs in Arizona und Colorado auf, wo er den ersten Klavierund Kompositionsunterricht erhielt. Er studierte in New York, Vermont und Illinois unter anderem an der Juilliard School of Music und dem Bennington College. Von Eduard Steuermann wurde er am Klavier ausgebildet. Kompositionsunterricht erhielt er bei Edgar dVarèse und John Cage. Tenney war ein Pionier auf dem Gebiet der elektronischen und der Computer-Musik und arbeitete in den frühen 1960er Jahren in den Bell Telephone Laboratories an der Entwicklung von Programmen zur computergesteuerten Klangsynthese und Komposition. In diesen Jahren pflegte James Tenney einen engen Kontakt zu der sogenannten New Yorker Avantgarde (John Cage, Morton Feldman, Earle Brown). Er war Mitbegründer und von 1963 bis 1970 Leiter des Tone roads Chamber Ensemble in New York City, das mit elektroakustischer Musik experimentierte. Zu der Gruppe gehörten außer James Tenney auch Philip Corner und Malcolm Goldstein. Ihr Stil war „legendär, bisweilen schroff, nur nicht massenkompatibel“. (taz). Tenney komponierte sowohl für Instrumente als auch für elektronische Klangerzeuger, häufig unter Verwendung alternativer Stimmungssysteme. In seiner viel beachteten theoretischen Schrift „Meta/Hodos“, die 1961 erschien, entwickelte er eine neue Methode der musikalischen Analyse. Mit seinen umfassenden musikalischen Forschungsarbeiten vor allem auf dem Gebiet der mikrotonalen Harmonik und Akustik wurde er zu einem der „wichtigsten und unterschwellig einflussreichsten Komponisten und Lehrer seiner Generation“. (NZZ)

Ensemble S

Ensemble S, gegrundet in 1998, ist seitdem Gast der europäischen Konzertsäle und Festivals. Die Tonträgerproduktionen vom Ensemble S erhielten nahezu internationale Auszeichnungen: Seine Dual Disc »Gérard Grisey: Le Noir de l’Etoile« wurde von der holländischen Tageszeitung Trouw in die Top Ten 2006 gewählt und vom Preis der Deutschen Schallplattenkritik auf die Bestenliste I/2007 gesetzt. Mit Stephan Meier als Künstlerische Berater, hat das Ensemble neue Mitglieder gewonnen um dessen Ziele, die hohe Kunst des Schlagzeug Ensembles, unprätentiös und in alle seine Facetten zu präsentieren.

Adam Weisman

Adam Weisman studierte in New York, Versailles und München. 1991 erhielt er den dritten Preis beim ARD Musikwettbewerb in München und 1992 den zweiten Preis beim Internationalen Musikwettbewerb in Genf. Er spielte Neue Musik mit dem New Music Consort und der NewBand in New York von 1988 bis 1990, sowie mit dem Ensemble Modern, mit dem Klangforum Wien (Residenzmitglied 1997–98, 2004–05), mit Zeitkratzer (Konzerte mit Lou Reed) und dem Scharoun Ensemble (Mitglieder der Berliner Philharmoniker). Seine Solo CD, Mani, mit drei Kompositionen für Solo Percussion von Pierluigi Billone, wurde vom Verein Deutsche Schallplattenkritik e.V. in die Bestenliste 2011 im Genre Zeitgenössische Musik aufgenommen.

Norbert Krämer

Studium an der Hochschule für Musik und Theater Hannover und an der Musikhochschule Köln. Seit 2017 ist er Lehrbeauftragter in den Fächern Schlagzeug/Percussion und Rhythmische Gehörbildung an der HfMT Köln. Als Solist und Ensemblemitglied weltweite Konzerte auf allen bedeutenden Festivals zeitgenössischer Musik; zahlreiche Uraufführungen und Zusammenarbeit in den wichtigsten Ensembles für zeitgenössische Musik und Theaterproduktionen, u. a. oh ton-Ensemble, musikFabrik NRW. Daneben als Vibraphonist, Drummer und Percussionist in verschiedenen Jazz-, Funk-, Avantgarde- und Big Bands tätig, u.a. SENOR COCONUT & HIS ORCHESTRA, Konzerte und Tourneen in Europa, Nord- und Südamerika, Japan.

Dörte Siefert

Dörte Siefert studierte Schlagzeug in Detmold und Hannover und lernte javanisches Gamelan im hannoverschen Ensemble Babar Layar und auf Java. Als freischaffende Musikerin wirkt sie in verschiedenen Projekten und Ensembles, insbesondere Das Neue Ensemble und Ensemble S, und unterrichtet an der Musikschule Wunstorf und der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover.

Simone Beneventi

Percussionist, dem Studium und der Verbreitung der Neuen Musik gewidmet, ist als Solist aufgetreten bei den Festivals Autumn Warsaw, Huddersfield Contemporary Music Festival, Impuls Graz, London Ear Festival, Zagreb Biennale... 2011 ist er mit Repertorio zero auf der Biennale di Venezia mit dem »Silbernen Löwen« ausgezeichnet worden. Er spielt mit den Ensembles Klangforum Wien, mdi ensemble, Repertorio zero, und ZAUM_percussion, sowie den wichtigsten italienischen Opernorchestern wie Teatro alla Scala di Milano, Maggio Musicale Fiorentino, hat zudem bei den wichtigsten internationalen Festivals mitgemacht: Acht Brücken in Köln, Ars Musica in Brüssel, Berlin Ultraschall, Harvard University, Teatro Colon de Buenos Aires, Wien Modern... Neben der Karriere als Interpret ist er in der Forschung tätig, z.B. hat er Musikausgaben für Percussion betreut, 2012 hat Casa Ricordi seine Rekonstruktion des unveröffentlichten Werkes Golfi d’ombra von Fausto Romitelli veröffentlicht.

Michael Pattmann

studierte an der Essener Folkwanghochschule und der Musikhochschule Köln. Konzerte und Meisterklassen führen ihn immer wieder nach Asien, Amerika und in europäische Länder. Begleitet wird seine Arbeit von zahlreichen Veröffentlichungen auf Tonträgern, durch Mitschnitte und Aufzeichnungen für Rundfunk- und Fernsehanstalten. Eine intensive Zusammenarbeit mit bedeutenden Komponisten der zeitgenössischen Musik sowie zahlreiche Uraufführungen prägen seine Arbeit, wie auch die über 20 Jahre kontinuierliche Ensemblearbeit beim oh ton-Ensemble und E-MEX ensemble. Prof. Michael Pattmann lehrt an der Folkwang Universität der Künste in Essen sowie für die Stockhausen-Stiftung für Musik.

Moritz Wappler

Der Percussionist Moritz Wappler, geboren 1991 in Zweibrücken, absolvierte sein Schlagzeugstudium an den Musikhochschulen Hannover und Bern (CH). Im Mai 2019 schloss er den „Master of Performance Percussion” bei Jochen Schorer und Brian Archinal mit Auszeichnung ab. Moritz Wappler ist Percussionist und Mitglied des Konzeptionsteams im Orchester im Treppenhaus. Aushilfstätigkeiten im Orchester- und Ensemblebereich führten ihn unter Anderem zur NDR Radiophilharmonie, den Düsseldorfer Symphonikern, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, den Lucerne Festival Strings (CH) und dem Ensemble Resonanz. In verschiedenen Kammermusikformationen konzertierte er beim Musikfestival Heidelberger Frühling, den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern, Beethovenfest Bonn, Rheingau Musikfestival, Grafenegg Festival (AUT) und dem Oranjewoud Festival (NED). Er war 2017 Gastmusiker einer CD-Produktion der NDR Bigband.

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